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Bundesregierung weist Pläne der Versicherungsaufsicht zurück

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Die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa will den Zins zur Berechnung langfristiger Verbindlichkeiten absenken. Das hätte große Auswirkungen auf die Rückstellungen der Unternehmen. Die Bundesregierung hält davon überhaupt nichts, wie Finanzstaatssekretär Michael Meister auf der GDV-Konferenz zur Versicherungsaufsicht klarstellte. Von Karsten Röbisch

Die Bundesregierung lehnt das Vorhaben der europäischen Versicherungsaufsicht Eiopa ab, die Regeln von Solvency II kurz nach Inkrafttreten zu verändern. „Ich halte eine Diskussion über eine Nachjustierung zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht“, sagte Michael Meister (CDU), Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, auf der GDV-Konferenz zur Versicherungsregulierung am Montag in Berlin. Zehn Monate nach Einführung des neuen Regelwerks lägen noch keine belastbaren Ergebnisse vor.

Meister wandte sich damit konkret gegen Überlegungen der Eiopa, den sogenannten Langfristzins (Ultimate Forward Rate, UFR) unter Solvency II von derzeit 4,2 auf 3,7 Prozent zu senken. Mit diesem Zins müssen die Versicherer ihre sehr langfristigen Verbindlichkeiten bewerten. Je niedriger der Wert, desto höhere Rückstellungen müssen sie für die zukünftigen Auszahlungen bilden – mit entsprechenden Folgen für ihre Solvenzquoten. Meister nannte die Überlegungen der Eiopa „befremdlich“. „Die Anpassung der UFR ist mitnichten ein technisches Detail, sondern betrifft den Kern von Solvency II.“

Keine Regelanpassung vor 2021

Unterstützung erhielt der Staatssekretär von EU-Parlamentarier Burkhard Balz (CDU). Wer bereits heute Anpassungen fordere, müsse auch die langfristigen Auswirkungen auf die Rückstellungen und Solvenzquoten belegen können. „Diese Voraussetzungen sind aber nicht gegeben“, so Balz. Er lehne wie die Mehrheit im EU-Parlament das Vorpreschen der Eiopa ab. Der gesetzlich verabschiedete Zeitplan gebe erst ab 2021 eine Revision der Regeln vor, bis dahin soll die Versicherungsaufsicht die Auswirkungen jedoch regelmäßig kontrollieren. Ihren ersten Prüfbericht will die Behörde nächstes Jahr vorlegen.

Die Versicherungswirtschaft sperrt sich nicht gegen Reformen, fordert aber ein geregeltes Verfahren und Zeit, um ausreichend Erfahrungen mit den aktuellen Vorschriften zu sammeln. „Dort, wo Schwachstellen identifiziert werden, sollen sie natürlich beseitigt werden. Aber eben dann, wenn nach einer Revision ohnehin verschiedene Dinge gleichzeitig anzupacken sind“, sagte Axel Wehling, Geschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Eine ungeordnete Anpassung würde die Unternehmen unnötig belasten. Wehling mahnte zudem die Einhaltung des Proportionalitätsprinzips an. „Die erlaubten regulatorischen Spielräume sollten genutzt werden, um übermäßigen Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen zu vermeiden.“

Start von Solvency II gelungen

Den Start von Solvency II bezeichnet Wehling als gelungen. Der Zinsrückgang seit Anfang des Jahres habe gezeigt, wie wichtig die Übergangsmaßnahmen seien. Sie geben den Unternehmen beispielsweise 16 Jahre Zeit, um ihr Altverträge nach Solvency II zu bewerten. Zugleich können sie bei starken Kursschwankungen in der Bewertung vom Marktzins abweichen. Laut Finanzaufsicht BaFin wiesen Ende des ersten Quartals 2016 die 84 von ihr beaufsichtigten deutschen Lebensversicherer eine Solvabilitätsquote von 209 Prozent auf.

Die Übergangsmaßnahmen erlaubten den Unternehmen einen gleitenden Übergang in Solvency II, sagte Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor für Versicherungen. Mehr als die Hälfte der deutschen Lebensversicherer mache derzeit davon Gebrauch. Grund stellte aber klar, dass sich die BaFin schon heute mit den Kapitalanforderungen nach Ende der Übergangsmaßnahmen befasse. „Sofern es da zu Schwierigkeiten kommen sollte, schauen wir uns die Unternehmen sehr genau an.“ Die BaFin könne ihre Genehmigung für Übergangsmaßnahmen widerrufen, sollten Unternehmen absehbar die Kapitalanforderungen unter Solvency II nicht erfüllen können, so Grund.

Karliczek fordert weitere Anstrengungen der Versicherer

Ungeachtet der Übergangsmaßnahmen forderte Anja Karliczek, CDU-Abgeordnete im Bundestag und Mitglied des Finanzausschuss, die Versicherer zu weiteren Reformen auf. Dies gelte mit Blick auf die Kosten, die Abschlussprovisionen und den Produktmix. Karliczek äußerte Unverständnis über die widersprüchlichen Signale, die sie aus der Branche empfange. Einerseits würden Unternehmen über die Belastung der Zinszusatzreserve klagen, gleichzeitig gebe es Versicherer, die angesichts der bevorstehenden Absenkung des Garantiezinses von 1,25 auf 0,9 Prozent noch mit dem alten offensiv werben würden. „Solange es Unternehmen gibt, die mit solchen Garantieversprechen werben, kann der Leidensdruck noch nicht groß genug sein“, so Karliczek.


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